Ihr habt’s bermerkt: ja klar, in der Überschrift fehlt noch etwas. Ignoranz kann immer nur gegen etwas oder jemand gerichtet sein.
Mich hat letztens ein Erlebnis fast vor den Kopf gestossen. Und das, nur weil ich jemanden anrufen wollte. Es ging nämlich nicht. Dieser jemand – ein sehr guter Freund von mir – hat sehr modern sogar einen Voip-Anschluss bei einem Münchner Provider, das, weil er ins Ausland umgezogen ist, und gerne für seine Münchner Freunde Telefonate im Ortstarif ermöglichen wollte. Das ganze geht ja auch über seine Fritz-Box sehr einfach. Normales Telefon dran, konfigurieren, fertig.
Nun wollte ich ihn eben über diese Nummer erreichen. Ging aber nicht. Dieser Teilnehmer ist zur Zeit nicht erreichbar. Hm. Erstmal nichts dabei gedacht (man kennt das ja, Voip funzt nicht immer einwandfrei…) und am nächsten Tag wieder versucht. Wieder das gleiche. Hm. Dann hab ich ihm halt eine E-mail geschrieben. Geschlagene 2 Wochen später ruft er mich (natürlich unter der Voip-Nummer) an, und ich wollte natürlich Klärung.
Die gab’s dann auch: „Na, wenn ich nicht zu Hause bin, dann schalte ich das Internet ab.“ – Ahhhja. Kann ja dann auch nicht gehen. Dann hab ich ihn gefragt, warum, dann könne ihn ja niemand mehr erreichen. Die Antwort war dann schlicht „ja und?“.
Ja, und, warum eigentlich?
Wir „Onliner“ verkennen meiner Meinung nach sehr leicht die Lage. Nur weil wir selber täglich – oder per Handy sogar permanent – im Internet sind, ein Twitter Mention per Push Nachricht vor die Augen geflasht bekommen, und natürlich auch innert Millisekunden darauf antworten (Gell, Dominik ? ;-) erwarten wir implizit, dass alle das tun. In der „Online Welt“ tun das ja auch alle. Und so werden „die Gesetze der Online Welt“ generalisiert, und als „das muss so weil’s so ist“ z.T. auch auf die „offline“-Welt übertragen.
Aber das ist Ignoranz. Die Welt ist nicht ausschliesslich Online. Mein Telefonat-Erlebnis hat mir noch mal vergegenwärtigt, dass „nur Online“ zu wenig ist. Eine Gesellschaft kann nicht funktionieren, wenn sie nur auf Vernetzung setzt. Oder andersherum – sie funktioniert zum Teil sehr viel einfacher, ohne. Schliesslich ist mein Freund nicht permanent über Push-Nachrichten genervt. Und lebt trotzdem. Und eine Gesellschaft, eine Beziehung/Freundschaft, und auch eine Firma kann nur sehr begrenzt funktionieren, wenn ausschliesslich die „Gesetze des Netzes“ angewandt werden. Und ob ein Instantanismus uns zu ausgeglichenen, stressfreien Menschen macht, weiss ich nicht.
Also: mal mehr Offline denken. Das muss ich gleich mal Twittern ;-)
Man muss sich ja auch mal bewusst machen, dass die ganzen Onliner ja auch noch ein Offline Leben haben. Dauerte bei mir auch ein Weilchen, bis ich merkte, dass gewisse Leute da so Sachen machen, von denen ich online nie was erfahre.
Spass beiseite. Gibt ab und zu Wochenenden oder auch Ferienwochen, in denen ich kein einziges Mail lese. Telefon nehm ich privat eh selten ab, da das Handy auf lautlos ist. Hatte nie den Eindruck, dass ich was verpasst habe.
Das schlimme ist doch, dass ich mir das wirklich auch schon so bewusst machen muss. Und ja, verpasst hat man eigentlich nie was.
Ein Bäcker glaubt auch nicht, dass es Leute gibt, die nicht gerne Brot haben. Er muss sich das sicherlich auch erst explizit bewusst machen. ;-)
ES GIBT LEUTE, DIE BROT NICHT GERN HABEN???!?? OH GOTT!!!1!!1+!! ;-)