Da hat einer mal verstanden.

Ich schrieb hier auch schon einmal über Patente, und meine Meinung dazu.

Ich selber habe das in einem eigenen Startup erlebt: alle um dich herum reden dir ein „du brauchst Patente“ – warum? Wenn man mal nachbohrt, dann eigentlich überhaupt nicht mehr, um die eigenen Kreationen zu schützen, sondern einfach nur, um „Munition“ zu haben, wenn es darum geht, Deals mit Geldgebern oder Partnerfirmen auszuhandeln. Mit der Konsequenz, dass man als kleine Firma viel Geld ausgibt, um erst einmal die Patente zu bekommen. Dann wiederum viel Geld ausgibt, um Patente ggf. zu verteidigen. Und meist sind gar keine Patente mehr möglich für das Kerngeschäft, weil eh schon fast alles patentiert ist.

Sinnlos. Ausser für Anwälte, und die Firmen, die das Geld haben, sie zu bezahlen. Und es bremst. Alle.

Elon Musk, Gründer von Tesla Motors, hat das verstanden. Und vollzieht einen mutigen Schritt, indem er alle Tesla-Patente zur freien Nutzung freigibt. Vielleicht folgen ihm ja andere. Denn mittlerweile ist das komplette Patentwesen nur noch ein Irrwitz.

 

Für eine Angleichung von Patent- und Urherberrecht

Patente haben eine Schutzfrist von 20 Jahren. Danach geht das Recht an einer Erfindung an die Allgemeinheit über. Patente werden ausserdem Geprüft auf Neuheit, Erfinderische Tätigkeit und Zweckmässigkeit der Lösung (Ausnahme: Schweizer Patent, da wird nicht so sorgfältig geprüft, es sei denn, man klagt oder zahlt).

Urheberrechte haben eine Schutzfrist von 50, 70, 80, 99 oder 100 Jahren (je nach Land, siehe Wikipedia). Die Neuheit eines Werkes wird nicht geprüft. Urheberrecht entsteht einfach mit der Schaffung des Werkes.

Haben von der „geringen Schutzfrist“ Firmen Schäden hinnehmen müssen? Nein. Oftmals ist das Gegenteil der Fall. Beispiel Fischer-Dübel. Die Firma stand kurz vor dem Konkurs, die Schutzfrist lief ab. Billige Konkurrenz kam aus China. Was ist passiert? Die Firma hat sich gerappelt, steht wieder gut da. Optimierungszwang und Konkurrenz haben hier das Geschäft belebt, und die Firma gezwungen, besser zu arbeiten, und innovative Produkte zu schaffen.

Ich wäre dafür, die Schutzfristen vom Urheberrecht zu kürzen, sowie Urheberrechte anmeldepflichtig zu machen, wie bei Patenten. Ebenso bin ich für eine Prüfung von Urheberrechten, bevor diese erteilt werden. Nach Ablauf von 20 Jahren geht das Recht an die Allgemeinheit über.

Somit werden drei Sachen ermöglicht:

1. Das viel besungene Lied der Content-Industrie ist immer noch möglich: Autoren können mit Ihren Werken Geld verdienen. Meistens ist ein Werk doch sowieso die ersten paar Jahre gefragt. Ausser eben die „Evergreens“, wo sich One-Hit-Wonder-Leute von 1966 heute immer noch ohne neue Werke zu schaffen auf ihrem dicken Arsch sitzen können und prima davon leben.

2. Rechtsstreit wird reduziert: es werden weniger Werke angemeldet werden, da gar nicht alle das machen wollen. Die Prüfung (wie bei Patent) schafft mehr Klarheit über die „Neuheit“, und das wirkliche Urheberrecht. Klar, bei der Prüfung fällt mehr Aufwand an, aber da könnten sich ja die Abmahnanwälte mal konstruktiv versuchen, statt destruktiv Leute zu verklagen.

3. Die Offenheit der Rechte an vielen Werken wird einen Boost an Kreativität, Remixes, Inspiration freisetzen, die vielleicht eine neue Schaffens-Ära startet, und die Menschheit auf ein neues Kultur-Level hebt. Naja vielleicht schiesse ich hier ein wenig über das Ziel hinaus ;-)

Aber so wie ich die Politik kenne, wird eher das Patent- dem Urheberrecht angepasst, statt umgekehrt :-(

Wertschätzung von Medienprodukten

Ein Wehklagen, welches man von den Content-Verwertungsgesellschaften wie der GEMA neuerdings hört, ist die angebliche „schwindende Wertschätzung“ von „Werken“, also Schöpfungen mit Schutz auf geistiges Eigentum. Leute, die unautorisiert digital Werke vervielfältigen, würden diese mangelnde Wertschätzung durch eben dem Vorgang des Kopierens ausdrücken.

Ich stelle hierzu zwei Thesen in Frage:

1. Wer kopiert schätzt nicht den Wert.

Ist das wirklich so?

Letztlich brauchte es ja eine aktive Willensbewegung des Kopierenden, CTRL-C und CTRL-V zu drücken. Warum macht er oder sie das? Wenn ihm der digitale Byte-Haufen egal gewesen wäre, wenn also keinerlei Wert beigemessen wurde, würde er oder sie das ja niemals tun. Wozu? Man hat mit seiner Zeit doch etwas besseres zu tun? Also ist durch das Kopieren ein gewisses Interesse zu erkennen. Ist „Will ich haben“ kein Ausdruck von Wertschätzung? Ich meine schon, allerdings ein nicht monetärer. In der Chinesischen Kultur ist das Kopieren sogar ein ganz klarer Ausdruck von Honoration dem „Erfinder“ gegenüber. Je mehr kopieren, desto höher das Ansehen, die Wertschätzung.

2. Produktion von Medien kostet Aufwand/Geld.

Aber auch noch so viel wie 1960?

Drehen wir das Zeitrad mal 50 Jahre zurück (immerhin sind die Werke aus dieser Zeit immer noch Urheberrechtlich geschützt…). Wer hatte denn damals Zugang zu einem Tonstudio? Wer hatte denn überhaupt die hochwertigen Instrumente, die es brauchte (eine Gitarre, die über ein Stück einigermassen die Stimmung hielt war durchaus nicht allgegenwärtig)? Wer hatte die Ausbildung, die Qualifikation? Es war einfach nur sehr schwer möglich, hochwertige Produktionen zu realisieren, auch im Filmbereich. Schauen wir mal nach 2012: Mit jedem PC für 300 CHF, und einem Mikrofon für nochmals 100CHF und Gratis-Software (Open Source) kann heute JEDER Musik produzieren, die um Preisklassen hochwertiger klingt, als das 1960 überhaupt zu träumen war. Und wenn man sich beispielsweise die Zahl der Gitarrenverkäufe und auch die Qualität einer z.B. 300 CHF E-Gitarre anschaut im vergleich zu damals – es gibt heute einige Grössenordungen mehr Musiker – mehr GUTE Musiker. Mit einer Standard DSLR-Spiegelreflex für unter 1000 CHF lassen sich heute im Wohnzimmer Full HD-Kino-Feeling Movies mit Tiefenunschärfe aufnehmen. Fakt ist: JEDER kann heute Medien produzieren. Das Handwerk dazu ist heute leichter denn je zu erlernen. Die Behauptung, die Produktion wäre teuer, kann also irgendwie nicht mehr stimmen. Was meinen die also? Die Vermarktung natürlich. Die Verteilungsapparate verschlingen weit mehr an Kosten von Medienprodukten, als das die Herstellung ist. Bei den Filmemachern sind natürlich auch die Schauspieler und Sets Kostentreiber. Aber so einen Film kann dann eben wieder nicht jeder Produzieren.

Also: Ja, die Wertschätzung ist gesunken. Der unterbewusste „Kann-ich-ja-auch“ Effekt wird die Hemmschwelle, sich ein Werk „einfach so zu besorgen“ stark verringern. Kann man mit Qualität immer noch Geld verdienen? Natürlich! Jeder geht gerne in einen super Film ins Kino oder auf das Konzert seiner favorisierten Band. Und die steigenden Online Musik- und Filmverkäufe zeigen doch auch, dass immer noch Wertschätzung vorhanden ist.

Und nun kommt das Internet ins Spiel. Nun ist eben auch nicht mehr die Verteilung der Medien teuer. Wie soll man also einen teuren Verteilungsapparat noch erklären? Hier versucht die Content-Industrie Denkmuster von 1960 in verschärfte Gesetze zu pressen, die aufgrund veränderter Kosten- und Werte-(sic!)Strukturen einfach nicht mehr der Realität entsprechen. Ein Server kostet nicht so viel wie ein CD-Presswerk. Zelluloid-Filme sind teurer herzustellen und zu verteilen, als 1 Terrabyte Daten. Und das selber Produzieren ist heute so einfach wie noch nie.

Die Medienkonsumenten von heute sind nicht böse. Sie kaufen einfach nicht mehr jeden Mist, nur weil es nichts anderes gibt. Wenn der Qualität Rechnung getragen wird, wenn weniger Produktions- und Verteilungskosten sich in den Preisen für die Medien widerspiegelt, dann kann man (jeder!) heute auch mit Medien weiterhin Geld verdienen, ohne dass Gesetze verschärft werden müssen.

Let the shitstorm begin! ;-)

Update: dazu passend fand ich folgenden Blogeintrag, der ganz gut aus einem anderen Blickwinkel die Gesellschaftswandlung widerspiegelt.