Geistiges Eigentum

Habe gerade die Lektüre von Cory Doctorow’s Buch „Pirate Cinema“ hinter mir (man kann das dort übrigens gratis als eBook herunterladen), und muss wieder über Urheberrecht und Geistiges Eigentum nachdenken.

Der Begriff des „Eigentums“ an sich ist ja schon sehr alt. Eigentlich seit es Zivilisation gibt (und vor allem Währungen) gibt es ein „meins“ und „deins“. Hingegen ist das „geistige Eigentum“, also den Anspruch auf alleinige Nutzung einer Idee oder eines „Werkes“, relativ jung. So kamen die ersten verbrieften Schutzrechte erst im Spätmittelalter zutage. Eine vertragliche Einigung auf eine standardisierte Handhabung gar erst Ende des 19. Jahrhunderts. 

Etwa zur gleichen Zeit wurde auch das Patentwesen etabliert, wenn auch etwas früher, und etwas verbreiteter.

Aber was ist eigentlich „geistiges Eigentum“? Ist es nicht letztlich nur ein „Claim“ auf eine Idee? Tadaa, ich habe diese Idee, und die gehört nur mir?

Offensichtlich war und ist es aber immer wieder so, dass an verschiedenen Orten zu verschiedenen oder gar zu gleichen Zeiten völlig verschiedene und voneinander überhaupt nichts wissende Menschen die gleichen Ideen haben. Mit der wachsenden Weltbevölkerung wird das rein statistisch gesehen schon immer öfter vorkommen müssen. Und die Patentverzeichnisse, Musik- und Filmkataloge, Archive sind nicht für jeden in voller gänze zu jeder Zeit zugreifbar, um nachschauen zu können „oh, schon weg, schade“. Klar, das Internet erleichtert die Suche, doch auch dort (man mag es kaum glauben) findet man nicht alles. Und gleich. Und korrekt.

Wenn es aber nun so ist, dass eine Idee gar nicht auf eine einzelne Person zurück geht – oder gehen kann, denn die Realtität beweist das ja immer wieder – darf dann eine Person (oder heutzutage eher deren Rechteverwertungsgesellschaft) überhaupt einen Anspruch darauf erheben?

Darf das finden einer Idee als Rechtsgrundlage zum Geldverdienen überhaupt herhalten?

Oder blockiert dies nur den Kreativitätsprozess einer ganzen Gesellschaft? Denn schliesslich werden Ideen oft ja nur auf Basis anderer Ideen gefunden. Und so noch cleverere Lösungen gefunden, die vielleicht viel besser sind, als die bisher verfügbaren. Verbauen wir uns hier nicht komplett die Zukunft, wenn Heerscharen von Anwälten uns bettelarm und in den Knast klagen, nur weil wir ein Urlaubsvideo mit einem Top10 Hit unterlegt in’s Netz stellen?

Ist es wirklich so vermessen, den Schutz der kommerziellen allein-Verwertung von Ideen komplett anzuzweifeln?

Vermutlich kommen jetzt die Leute, die die „wir werden alle sterben!!1elf!“-Keule rausholen, und sagen, wenn einfach so kopiert wird, dann gehen ganze Industriezweige pleite. Können Musiker nicht mehr ihre Miete zahlen.

Ich denke dann immer – und ein Autor wie Cory Doctorow zeigt das eindrucksvoll – selbst wenn man alles kostenlos im Netz herunterladen kann, bleibt dort immer noch genug Geld für die „Schaffer geistigen Eigentums“ übrig. Klar, man kann dann halt nicht mehr mit jeder Scheisse stinkreich werden.

Aber ist das nicht auch gut so?

 

Für eine Angleichung von Patent- und Urherberrecht

Patente haben eine Schutzfrist von 20 Jahren. Danach geht das Recht an einer Erfindung an die Allgemeinheit über. Patente werden ausserdem Geprüft auf Neuheit, Erfinderische Tätigkeit und Zweckmässigkeit der Lösung (Ausnahme: Schweizer Patent, da wird nicht so sorgfältig geprüft, es sei denn, man klagt oder zahlt).

Urheberrechte haben eine Schutzfrist von 50, 70, 80, 99 oder 100 Jahren (je nach Land, siehe Wikipedia). Die Neuheit eines Werkes wird nicht geprüft. Urheberrecht entsteht einfach mit der Schaffung des Werkes.

Haben von der „geringen Schutzfrist“ Firmen Schäden hinnehmen müssen? Nein. Oftmals ist das Gegenteil der Fall. Beispiel Fischer-Dübel. Die Firma stand kurz vor dem Konkurs, die Schutzfrist lief ab. Billige Konkurrenz kam aus China. Was ist passiert? Die Firma hat sich gerappelt, steht wieder gut da. Optimierungszwang und Konkurrenz haben hier das Geschäft belebt, und die Firma gezwungen, besser zu arbeiten, und innovative Produkte zu schaffen.

Ich wäre dafür, die Schutzfristen vom Urheberrecht zu kürzen, sowie Urheberrechte anmeldepflichtig zu machen, wie bei Patenten. Ebenso bin ich für eine Prüfung von Urheberrechten, bevor diese erteilt werden. Nach Ablauf von 20 Jahren geht das Recht an die Allgemeinheit über.

Somit werden drei Sachen ermöglicht:

1. Das viel besungene Lied der Content-Industrie ist immer noch möglich: Autoren können mit Ihren Werken Geld verdienen. Meistens ist ein Werk doch sowieso die ersten paar Jahre gefragt. Ausser eben die „Evergreens“, wo sich One-Hit-Wonder-Leute von 1966 heute immer noch ohne neue Werke zu schaffen auf ihrem dicken Arsch sitzen können und prima davon leben.

2. Rechtsstreit wird reduziert: es werden weniger Werke angemeldet werden, da gar nicht alle das machen wollen. Die Prüfung (wie bei Patent) schafft mehr Klarheit über die „Neuheit“, und das wirkliche Urheberrecht. Klar, bei der Prüfung fällt mehr Aufwand an, aber da könnten sich ja die Abmahnanwälte mal konstruktiv versuchen, statt destruktiv Leute zu verklagen.

3. Die Offenheit der Rechte an vielen Werken wird einen Boost an Kreativität, Remixes, Inspiration freisetzen, die vielleicht eine neue Schaffens-Ära startet, und die Menschheit auf ein neues Kultur-Level hebt. Naja vielleicht schiesse ich hier ein wenig über das Ziel hinaus ;-)

Aber so wie ich die Politik kenne, wird eher das Patent- dem Urheberrecht angepasst, statt umgekehrt :-(