Ruhig ist es geworden.

Sehr ruhig.

Es war Fussball WM. Nördlich des Rheins wurde gejubelt (südlich des Rheins nur im Stillen, das wird uns hier ja verboten nicht gegönnt). Dann stürzten Flugzeuge ab. In Gaza wird wieder mal geschossen.

Und schon redet keiner mehr darüber.

Wir werden aber immer noch überwacht. Alle. Überall. Katalogisiert. Und wenn Du eine SMS mit „Anschlag“ schreibst (obwohl Du etwas vom schnellen Tippen erzählen wolltest), kannst du vielleicht demnächst nicht mehr in die USA reisen.

Vielleicht sind wir alle aber auch nur müde – Empörungsmüde. Haben Empörungsmuskelkater. Abnutzungserscheinungen. Also lassen wir uns weiterhin abhören. Und akzeptieren, dass Lobbies uns weiter Rechte beschneiden.

Aber das ist so schön ruhig. So schön.

Die ersten zwei Buchstaben sind wohl kein Zufall.

Den Sascha Lobo macht Merkel’s Schweigen aggressiv. Mich fassungslos.

Dabei sind wir alle wahrscheinlich nur dies: hilflos, und ideenlos.

Meine Frau hatte das im Herbst schon ganz richtig bemerkt: Häppchenweise wurde uns Stück für Stück beigebracht, was die NSA (mit Hilfe von anderen Geheimdiensten) alles macht.

Eben: alles. Was geht, wird gemacht. Wir sind bereits der gläserne Bürger. 1984 ist also buchstäblich schon 30 Jahre her. Es ist schon zu spät. Big Brother ist real.

Ist es da jetzt abwegig, zu glauben, dass hier jemand die Weltherrschaft an sich reissen will? Vielleicht schon hat? Und das unter dem Deckmantel der „Demokratie“ (ok, wir wissen ja schon länger, dass die USA eigentlich kein Rechtsstaat, und keine wirkliche Demokratie ist)?

Erstaunlich auch manche Parallelen: Ein Reichstagsbrand wurde als Argument hergenommen, um die Menschenrechte einzuschränken („in Krisenzeiten wie jetzt müssen wir Einschränkungen in Kauf nehmen, um gegen den Terrorismus zu bestehen“) – kommt einem das irgendwie bekannt vor? World Trade Center stürzt ein, und dann alle Macht dem Staat?

Je weiter sich die Enthüllungen präsentieren, desto mehr fange ich an zu glauben, dass die ersten beiden Buchstaben kein Zufall sind.

 

Fehler im System

Wie sie jetzt alle aus ihren Löchern gekrochen kommen, und damit werben, wie „sicher“ doch ihre Systeme sind, ist schon leider nicht mehr amüsant. Dass egal was man unternimmt, gegen die flächendeckende Spionage der Weltweiten Geheimdienste nichts bringt, sollte so langsam mal jedem dämmern.

Es hilft hier nicht mehr, ein wenig E-Mail Veschlüsselung zu machen. Schon gar nicht, wie es jetzt die Telekom vor hat. Es reicht auch nicht aus, seine Instant-Messaging Dienste von Whatsapp auf whistle.im zu tauschen. Bei allen Internet Diensten fallen Verbindungsdaten an, die überwacht werden. Diese punktuelle Verbesserung (bei Verwendung von selektiver Veschlüsselung) mag im Einzelfall nur noch ein Aufschub, aber keine Verhinderung von kompletter Überwachung bedeuten. Denn was bringt schon eine Verschlüsselte Nachricht, wenn man beim Eintippen des Klartextes gefilmt wird?

Ausserdem beschränkt sich die Tragweite ja nicht auf das Internet. Sie überwachen eben alles. Telefon, öffentlichen Raum, Internet.

Wir sollten unsere Bemühungen nicht auf punktuelle Massnahmen lenken. Die sind tatsächlich nach dem jetzigen Stand der Dinge nur noch Augenwischerei. Stattdessen müssen wir den Fehler im System beseitigen. Unseren Politikern beibringen, dass diese Big-Brother-in-Reinform-Überwachung eben nicht Volkes Wille ist, für den zu vertreten sie gewählt wurden. Dass es nicht sein kann, dass ein Präsident all diese Massnahmen noch verteidigt.

Es kommt zurück auf die alte Frage: Wer kontrolliert die Kontrollierenden? Auf welcher Grundlage existieren eigentlich diese Geheimlogenartig operierenden „Dienste“ – bzw. wem „dienen“ sie überhaupt?

Wir müssen Initiativen auf den Weg bringen, der diesen Organisiationen die Rechtsgrundlage entzieht. Internationale Anstrengungen unternehmen, um so etwas auf globaler Ebene über Abkommen zu ächten. Das wird nicht einfach, aber was ist die Alternative? Es widerstandslos hinzunehmen?

Leider geht das alles nur über den steinigen Weg von Wahlen. Im September wäre in Deutschland mal eine Gelegenheit, den Pofallas mal zu zeigen, was eine Harke ist. Also los

Die Piratenfrage

Die USA, das vereinigte Königreich, Frankreich, Deutschland – alle hören sie ab. Alles. Das Netz, E-mails, Firmen, Briefe, Telefonate. Es ist nichts mehr geheim. Wir haben eigentlich schon 1984 – nur hatten sie es so perfektioniert, dass es (fast) keiner merkt. Oder interessiert, was eigentlich noch schlimmer ist. Big Brother umgesetzt in Reinform.

Und was passiert in der ach so wutbürgerischen politischen Landschaft in Deutschland? Eigentlich nichts.

Die einzige Partei, die wirklich für Datenschutz und freie, unüberwachte Netze einsteht, bekommt keinen Deut mehr an Zuspruch. Liegt das jetzt daran, dass die Piraten im Volk schon komplett unten durch sind? Oder ist das Thema den Leuten wirklich völlig egal? Hatte Frau Merkel tatsächlich recht, und für „uns alle“ ist das noch #Neuland, daher wissen wir auch noch gar nicht so, was wir davon halten sollen?

Wenn das in unserer Gesellschaft in Mitteleuropa ergo Konsens ist, dass das völlig ok ist, wenn jeder jeden Überwacht – meine Gesellschaft ist das nicht. Die einzige Möglichkeit, daran etwas zu ändern, ist Wählen zu gehen. Und die Piraten müssen ja nicht gleich in die Regierung. Es reicht wenn sie in den Bundestag kommen – das zwingt die anderen, sich der Themen anzunehmen, wie es seinerzeit auch schon bei den Grünen der Fall war.

Disclaimer: nein, ich bin kein Mitglied bei den Piraten.