Vorauseilender Gehorsam: Wie ein Gesetz die Branche verunsichert

Kaum ist die Abstimmung über das Leistungsschutzrecht im deutschen Bundestag gelaufen, zeigen sich erste Schatten des (noch nicht vom Bundesrat verabschiedeten) Gesetzes in der Branche:

Neben golem.de hat auch heise.de ein Statement veröffentlicht, in dem man dem geneigten Blogger und Aggregator in vorauseilendem Gehorsam weiterhin erlaubt, Ausschnitte aus Artikeln zu rezitieren.

Auch die Ankündigung einiger Aggregatoren, wie z.B. Rivva, die ebenfalls vorauseilend auf Nummer sicher gehen wollen, und schon mal ihre Zitate kürzen, zeigt welche grosse Unsicherheit dieses Gesetz schafft – und damit eine Goldgrube für Anwälte werden wird.

Leider definiert es in der letzten „last-Minute“ Fassung nicht genau, wie kurz diese „kürzesten Ausschnitte“ sein dürfen, die man nun doch noch zitieren darf.

Wie unfähig ist eigentlich der deutsche Bundestag, dass er nicht in der Lage ist, hier einen klaren, eindeutigen Text zu fabrizieren? Aber die Anwälte freuen sich sicher jetzt schon. Das gibt schön lange Gerichtsverfahren und Abmahnwellen. Denn letztere will ja der Bundestag auch nicht begrenzen.

Deutschland hat das Internet nicht verstanden.

Nun ist es also soweit: der Bundestag hat beschlossen, ein Gesetz zum „Leistungsschutzrecht“ zu verabschieden. Dabei handelt es sich um ein Privileg-Recht, ausschliesslich für Presseverlage, um verhindern zu wollen, dass Google Ausschnitte in Portalen wie z.B. Google-News verwendet.

Bye bye Deutsche Presseverlage. Hier schaufelt ihr euch euer eigenes Grab. Denn dieses Gesetz (sofern es denn auch noch durch den Bundesrat kommt – mit Rot/Grüner Mehrheit, die hatten immerhin dagegen gestimmt) wird eben nicht wie gewünscht dazu führen, dass plötzlich Firmen wie Google (und abgemahnte Blogger, denn das wird zwangsläufig folgen) öffentliche, ohne Zugangsbeschränkung im Netz stehende Texte eifrig lizenzieren und bezahlen. Nein. Sie werden einfach nicht mehr zitiert werden. Und dadurch nicht mehr in Suchergebnissen auftauchen. Und dadurch auch kaum noch beachtet werden. Der Klick bei Google geht schneller, als eine Adresse im Browser einzutippen.

Das ist Denke von Vor-vor-Gestern. Und zeigt, wie wenig die Verlage und auch die Bundestagsabgeordneten das Internet verstanden haben. Wenn ich mein Fahrrad nicht abgeschlossen an die Strasse stelle, und jemand nimmt es und fährt damit, dann zahlt mir das keine Versicherung. Das wollen aber die Verlage. Und zwar als alleiniges Privileg. Sie stellen Sachen öffentlich in das Internet, und keiner darf es benutzen. Aber genau dafür wurde das Internet erfunden. Um Sachen bereit zu stellen, die ALLE NUTZEN DÜRFEN, OHNE BESCHRÄNKUNG! Und weil man das eigentlich vorher weiss, ist das auch kein Diebstahl. So wie man beim Fahrrad weiss, das man es nicht unverschlossen an die Strasse stellen sollte.

Also werden deutsche Nutzer in Zukunft in Österreich Nachrichten lesen. Oder in der Schweiz. Oder per Google-Translate übersetzt in USA. Wen stört’s? Wahrscheinlich nur die Verlage.