Das Soziale Netz der Zukunft – ein alter Hut

Auf der Re:publica 2014 hat Michael Seemann beschrieben, wie seiner Meinung nach das „perfekte“ Soziale Netzwerk auszusehen hat.

Hintergrund der Diskussion ist der Drang, wieder Hoheit über seine Daten zu gewinnen, also nicht alles Faceglewitter in den Rachen zu schmeissen, sondern es dezentral zu speichern. Da fällt mir dann (wie ihm auch) z.B. Diaspora ein. Nachteil dort ist: du findest niemanden. Und er hat Recht, wenn er sagt: Alle sind bei Facebook, weil alle bei Facebook sind.

Als Lösung schlägt er vor, die Daten dezentral zu halten, aber eine zentrale Suchinstanz zu haben. Und ihm fällt dabei nicht auf, dass er da etwas beschreibt, was jetzt schon seit über 20 Jahren erfolgreich genau so läuft: das Internet an sich. Das Internet besteht letztlich auch aus einer Summe an dezentralen Servern. Und Anfangs war dort das Problem, dass man Inhalte nicht gefunden hat. Und dann gab’s irgendwann Yahoo und dann Google, und alles war böse gut.

Also ja, Michael Seemann hat Recht, so wird das wahrscheinlich Erfolg haben. Aber so neu ist diese „Erfindung“ nicht.

Google-Hupf

Wenn sogar einer wie Seth Godin jetzt schon Google auf dem Weg nach unten sieht, dann muss die Änderung der Nutzungsbedingungen bei Google schon einigen Hype erfahren. Ehrlich gesagt habe ich die neuen Nutzungsbedingungen nicht gelesen. Was ich so über den Twäther mitbekomme, ist es jetzt so ähnlich wie bei Facebook. Google würzt nun auch mit deinem Gesicht Werbeanzeigen, so wie Facebook das schon länger tut.

Zwei Fragen:

1. Überrascht das einen?

Google bietet Endkunden-Produkte fast alle gratis an. Klar, sie verdienen sich eh schon mit AdWords die Geldspeicher voll, aber irgend ein Shareholder wird ihnen schon gesagt haben, dass das nicht genug ist, und sie gefälligst dreistellige Wachstumsraten beim Gewinn pro Tag erwirtschaften müssen. Google hört schon eine Weile nicht mehr auf die Benutzer, sondern nur noch auf Werbekunden. Klar, das sind ja auch die eigentlichen Kunden, und nicht die Benutzer.

2. WTF gibt’s da jetzt einen Aufstand?

Wenn du einfach nur der Grundlage folgst: Poste nichts ins Internet, zu dem du nicht stehst, und für das du keine Bedenken hast, dass es jemand anderes in welcher Weise auch immer verwendet – so what? Ja, dann sollen sie doch Werbung damit machen, dass ich bei Restaurant X mal auf „Gefällt mir“ geklickt habe. Wenn’s mir gefällt, ist doch ok, oder nicht?

Wem das alles stört, der kann ja einfach darauf verzichten, seinen Lebensalltag in’s Netz zu stellen. Oder seh ich das zu schwarz-weiss?

 

Google verschenkt 15 000 Computer an Schulen

RaspberryPi Computer; Bild wikipedia Jwrodgers

Doch, das ist ein Computer. Ein kleiner, günstiger zwar, und sind wir ehrlich – so out of the box kann man damit noch nicht viel anfangen. Hat man aber mit Hilfe eines anderen Computers auf eine SD Karte eines von mehreren Linux-basierten Betriebssystemen für den RaspberryPi installiert, sich eine USB Maus und USB Tastatur besorgt, so kommt doch ein wenig das C64 Feeling auf. Mittels HDMI Ausgang gibt der Mini-Rechner nämlich sein Bild z.B. an ein Fernsehgerät aus – so wie damals der Kult-Computer von Commodore.

Ähnlich bastelintensiv ist die Himbeere dann auch, wenn auch das Betriebssystem ungleich leistungsfähiger ist – der C64 hatte gerade einmal einen Basic-Interpreter. Das Gerät lässt aber fast alle Möglichkeiten offen, und es gibt eine sehr aktive Community rund um den Globus, welche schon die wildesten Basteleien realisiert hat.

Nun will Google medienwirksam 15 000 dieser Geräte an Britische Schulen verschenken. Ziel soll sein, einen neue „Hacker-Gerneration“ zu schaffen. Ich kann mir nur wünschen, dass es auch nur ansatzweise Erfolg hat. Mit so etwas zu basteln kann den Willen fördern, zu verstehen wie Dinge funktionieren, und nicht einfach nur zu konsumieren und jeden Mist zu glauben.

Ist so eine Aktion auch in der Schweiz denkbar? Wohl nicht so grossflächig, da die Primarschulen (ja, um die geht’s!) alle von Gemeinde zu Gemeinde anders organisiert sind. Aber vielleicht könnte Googles Zürich-Location ja ähnliche Impulse zumindest in Zürich-Stadt geben?

 

Apple feuert Forstall

Von golem.de:

Apple hat seinen Chef der Mobile-Sparte Scott Forstall entlassen, weil er sich geweigert hatte, sich für den katastrophalen Start der Karten-App in iOS 6 zu entschuldigen. Das berichtet das Wall Street Journal unter Berufung auf interne Unternehmensquellen. Apple gab den Abgang von Forstall am 29. Oktober 2012 bekannt.

Ich glaube zwar nicht, dass mein Artikel auf blogofon.ch dafür ausschlaggebend war. Ich finde aber interessant, dass mit Forstall nun ein damals enger Vertrauter von Steve Jobs geht, und mit den Worten zitiert wird „es gäbe bei Apple keine Entscheider mehr“ seit Steve weg ist.

Ehrlich gesagt: das glaube ich auch. Seit einem Jahr gibt es eigentlich nur noch eher fade Updates der Apple Produkte (doch, mein iPhone 5 gefällt mir sehr, das nur dazu – schlechte Produkte machen sie nicht!) und es fehlt eigentlich bei jedem Update der „Wow-Effekt“. Das liegt meiner Meinung nach fast ausschliesslich am drögen Chef Tim Cook. Eine Schlaftablette hat ja mehr Enthusiasmus als der. Da kann er noch so oft „amazing“, „tremendous“, „revolutionary“ sagen. Man nimmt es ihm nicht ab. Cook ist ein Optimierer. Kein Innovator. Zuständig für Operations bevor er zum CEO wurde, versucht er aus den bestehenden Produkten das meiste Geld herauszubekommen.

Darum müssen wir auf den „Wow“-Effekt womöglich noch länger verzichten. Schliesslich kann man mit dem Vorhandenen (z.B. einem 2 Jahre alten A5 Prozessor) ja noch prima neue Produkte machen (z.B. iPad mini). Ich fürchte, dass sich hier der gleiche Weg von Apple anbahnt, der nach dem ersten Weggang von Steve Jobs von Apple 1985 sein Bahn nahm: Erfolgreiche Produktlinien enden in einer Reihe Fehlschläge, und die Kunden wandern ab zu Konkurrenzprodukten. Nur dass es diese nicht ein Microsoft-OS ausführen werden, sondern eins aus dem Hause Google.

Schade. Scheinbar hängt es doch immer wieder an einzelnen Personen.

Inside Google Zurich

Anlässlich des Events „Inside Google“ zum Thema „AdWords und Website Usability“, durfte ich mich gestern im Google Office in Zürich umsehen. Es ist ja mittlerweile kein Geheimnis, dass Google es pflegt, sehr „ungewöhnliche“ Office-Möblierungen zu installieren. Aber wenn man das einmal live und in Farbe sieht, bleibt einem doch schon mal der Mund offen stehen, und es fehlen einem die Worte.

Es fällt schon beim Empfang auf: hier ist man gerne verspielt. Nach einem „Roundview Display“ (8 Samsung Monitore im Kreis nach Innen aufgestellt, innendrin kann man per Tablet Google Earth rundum in 3D darstellen) steht dort direkt ein Billard-Tisch. Und der wird eigentlich auch immer von Mitarbeitern benutzt. Würde mal sagen, dass das im Empfangsraum in fast allen anderen Firmen dieser Welt undenkbar ist.

Sky Lounge – mit Blick auf Zürich und die Alpen

Die „guided tour“ zog sich durch diverse Lounges, von denen wir noch nicht einmal alle gesehen haben. Von „quiet rooms“ (mit Vogelgezwitschersound, Aquarien und Liegestühlen) über „green room“ (über 200 Pflanzen, man meint, man ist im Urwald) bis zu Coffee areas, die mit original New York Subway Kacheln wie einen U-Bahnstation aufgemacht sind, und „play rooms“, mit Tischtennis, Döggelichaschte, immer wieder Billardtische (und zwar keine „Kneipentische“, sondern Turnierqualität) Kaffeemaschinen, Süssigkeiten, Früchte, „Ruhekugeln“ (in die man sich reinsetzen und entspannen – oder arbeiten kann), Flipper Automaten, und jede Menge „Theme Rooms“, die einem Thema gewidmet sind (ein Korridor kam mir vor, wie in „Half Life“…) hier wurde sich allen Ortes ausgetobt. Sogar eine kleine Bühne, mit kompletten „5 guy band“ Equipment war vorhanden:

Bands can play here

Alles kann (nebst Fitness-Studio) gratis benutzt werden. Essen ist gratis. Kaffee und Getränke sowieso. Frühstück gibt es in der Kantine bis Nachmittags. Warmes Essen fast rund um die Uhr.

Mal ehrlich: Wenn man so da durch läuft, dann kommt einem das vor, wie ein „Spielplatz für grosse Kinder“. Nicht vergessen darf man dabei, wozu das gut ist: Zwischen und in den ganzen Theme Parks stehen immer Arbeitsplätze. Und es geht darum, die Leute so lange wie möglich bei der Arbeit zu behalten. Ich kenne persönlich leider niemanden, der dort arbeitet (würde aber gerne mal mit jemanden darüber reden – Freiwillige?). Ich kann mir aber vorstellen, dass wenn viel geboten wird, auch viel verlangt wird. Und dass für ein „Leben neben Google“ möglicherweise nicht viel Zeit bleibt. Es fühlt sich eher so an, als würde man dort ab der Festanstellung komplett geschluckt werden, und seinen Lebensmittelpunkt extrem innerhalb Google zentrieren. Es mag viele geben, die damit glücklich werden – nicht umsonst wurde Google wiederholt zum besten Arbeitgeber der Schweiz gewählt. Ich kann mir aber auch vorstellen, dass dieses Profil eher auf „unter 30 Jährige, keine Frau, keine Kinder“ passt. Aber da lasse ich mich gerne eines besseren belehren. :-) Spass gemacht hat der Besuch alle mal. Auch wenn wir nicht rutschen durften ;)

Rutsche Google Zürich

Android ist das neue Windows – und wird gegen Apple gewinnen

Die Aussage von Kaspersky, dass Android das neue Windows sei, wurde zwar unter dem Gesichtspunkt der Sicherheit formuliert. Es fiel mir allerdings beim Lesen der Überschrift fast wie Schuppen von den Fischen: die Geschichte wiederholt sich.

Das, was mit der Einführung der Homecomputer passierte, findet gerade bei Mobilgeräten statt – nur mit geänderten Rollen. Auch damals in den 80ern gab es einen Platzhirsch für etablierte Computer: IBM. Heute ist es Microsoft. Es gab „schnellstarter“, die im Homecomputerbereich richtig abräumten, allerdings war der Homecomputermarkt noch lange nicht in alle Haushalte vorgedrungen, und viel kleiner: damals Commodore/Atari, heute Palm / HP. Auch Microsoft war schon in der „vor-Homecomputer-Zeit“ auf IBM Rechnern zu Hause. Heute Google. Microsoft kam nachher selber mit Windows gross raus. Google, bereits mit dem Browser und Suchmaschinen auf PCs sehr dominant, tut das jetzt mit Android.

Was ist die einzige Konstante? Richtig. Apple.

Steve & Steve dachten sich damals für den Homecomputer mit dem Apple II kein wirklich völlig neues Konzept aus – alle Komponenten gab es vorher schon. Aber die Kombination der nützlichen Dinge mit einer Prise Marketing-Gespür brachte Apple einen gewissen Vorsprung, der später von Microsoft und Intel gnadenlos überrollt wurde. Selbiges passiert wohl auch derzeit mit dem iPhone. Apple kombiniert bereits erfundene Sachen schlau, macht es gerade noch halbwegs bezahlbar, verpackt es schön, und hat damit erstmal einen riesen Erfolg. Nur werden sie – genau wie damals von Intel/Microsoft – von Google überrollt werden. Und Apple wird es in 5 Jahren mit den iPhones genauso schwer haben, wie damals mit den Macs, als PCs allgegenwärtig und spottbillig wurden. Und IBM? Ist immer noch gross, aber musste den Konzern komplett umbauen, damit sie konkurrenzfähig blieben – in grösstenteils anderen Geschäftsfeldern. Selbiges wird Microsoft bevorstehen. Da hilft auch ein Nokia nicht. Und IBM Laptops heissen jetzt Lenovo und gehören den Chinesen.

Die Geschichte wiederholt sich also. Man fragt sich: was erfindet Apple dann in 10 Jahren wieder neu?