Eine Woche ohne Facebook

Von einer Seite werde ich dafür verspottet, von der anderen Seite bekommt man anerkennendes Nicken: Ich habe Facebook abgemeldet.

Ich weiss sehr wohl, dass damit weder mein Personenprofil aus der FB-Datenbank gelöscht wurde, noch sonst irgendwelche Inhalte. Aber ich möchte einfach nicht mehr getrackt werden. Ich möchte nicht mehr Zeit verschwenden.

Ich bin war Facebook Nutzer seit grob 2009 (genau habe ich mir das gar nicht mehr angeschaut) – und fand das eigentlich ganz knuffig, dass man dort mit vielen Leuten „in Kontakt“ bleiben konnte, alte „Freunde“ wiederfinden kann, und so doch wenigstens „etwas“ noch mitbekommt. Die Kontaktliste war schliesslich und am Schluss das einzige, was mich noch so lange dort gehalten hat.

Ansonsten hat mich die Werbung, das ständig wechselnde User Interface, völlig unverständliche Content-Filter und natürlich Facebooks Grundverständnis von „alle Daten gehören mir“ nur noch genervt. Gut, einen weiteren Grund gab es noch: Tatsächlich erreicht man gleich mal doppelt so viel Klicks auf seinem Blog, wenn man bei Facebook den Link dazu postet.

Aber macht es einen Unterschied, ob man 10 oder 20 Klicks auf einen Artikel bei Blogofon bekommt? Nein.

Es macht aber sehr wohl einen Unterschied, plötzlich wieder mehr Zeit zu haben. Denn nach einer Woche „ohne“ merkt man dann doch, wie viel Zeit man tatsächlich damit verlocht. An der Haltestelle eben noch mal Facebook. Abends nach der Arbeit, dann die gleichen Posts noch einmal durchscrollen. Im Nachhinein fällt einem erst auf, wie blöd, ja bescheuert das alles doch eigentlich ist. Und: richtig „Kontakt“ hält man dann ja doch nicht. Es besteht im wesentlichen aus dem Teilen von Katzenbildern, und Ruthe-Jokes.

Ja, okay. In seltenen Fällen gab es auch Interessante Sachen, oder Diskussionen, die man sonst vielleicht nicht mitbekommen hätte. Aber steht das im Verhältnis zum Zeitaufwand?

Ich lasse die Frage mal offen im Raum stehen. Für mich habe ich sie beantwortet.

Das Soziale Netz der Zukunft – ein alter Hut

Auf der Re:publica 2014 hat Michael Seemann beschrieben, wie seiner Meinung nach das „perfekte“ Soziale Netzwerk auszusehen hat.

Hintergrund der Diskussion ist der Drang, wieder Hoheit über seine Daten zu gewinnen, also nicht alles Faceglewitter in den Rachen zu schmeissen, sondern es dezentral zu speichern. Da fällt mir dann (wie ihm auch) z.B. Diaspora ein. Nachteil dort ist: du findest niemanden. Und er hat Recht, wenn er sagt: Alle sind bei Facebook, weil alle bei Facebook sind.

Als Lösung schlägt er vor, die Daten dezentral zu halten, aber eine zentrale Suchinstanz zu haben. Und ihm fällt dabei nicht auf, dass er da etwas beschreibt, was jetzt schon seit über 20 Jahren erfolgreich genau so läuft: das Internet an sich. Das Internet besteht letztlich auch aus einer Summe an dezentralen Servern. Und Anfangs war dort das Problem, dass man Inhalte nicht gefunden hat. Und dann gab’s irgendwann Yahoo und dann Google, und alles war böse gut.

Also ja, Michael Seemann hat Recht, so wird das wahrscheinlich Erfolg haben. Aber so neu ist diese „Erfindung“ nicht.

Google-Hupf

Wenn sogar einer wie Seth Godin jetzt schon Google auf dem Weg nach unten sieht, dann muss die Änderung der Nutzungsbedingungen bei Google schon einigen Hype erfahren. Ehrlich gesagt habe ich die neuen Nutzungsbedingungen nicht gelesen. Was ich so über den Twäther mitbekomme, ist es jetzt so ähnlich wie bei Facebook. Google würzt nun auch mit deinem Gesicht Werbeanzeigen, so wie Facebook das schon länger tut.

Zwei Fragen:

1. Überrascht das einen?

Google bietet Endkunden-Produkte fast alle gratis an. Klar, sie verdienen sich eh schon mit AdWords die Geldspeicher voll, aber irgend ein Shareholder wird ihnen schon gesagt haben, dass das nicht genug ist, und sie gefälligst dreistellige Wachstumsraten beim Gewinn pro Tag erwirtschaften müssen. Google hört schon eine Weile nicht mehr auf die Benutzer, sondern nur noch auf Werbekunden. Klar, das sind ja auch die eigentlichen Kunden, und nicht die Benutzer.

2. WTF gibt’s da jetzt einen Aufstand?

Wenn du einfach nur der Grundlage folgst: Poste nichts ins Internet, zu dem du nicht stehst, und für das du keine Bedenken hast, dass es jemand anderes in welcher Weise auch immer verwendet – so what? Ja, dann sollen sie doch Werbung damit machen, dass ich bei Restaurant X mal auf „Gefällt mir“ geklickt habe. Wenn’s mir gefällt, ist doch ok, oder nicht?

Wem das alles stört, der kann ja einfach darauf verzichten, seinen Lebensalltag in’s Netz zu stellen. Oder seh ich das zu schwarz-weiss?

 

Blase 2.0?

Ich bin heute morgen einige Zeit nicht aus dem Kopfschütteln herausgekommen: Facebook kauft Instagram für 1 Milliarde Dollar.

Aber was kauft sich Hr. Zuckerberg da eigentlich? Instagram, dass sind 1 iPhone App, 1 Android App, und Serverinfrastruktur. Mit der App kann man Bilder schiessen, mit Unschärfe versehen, auf alt trimmen und auf Instgrams Cloud laden, und noch „liken“. That’s it. Ich meine: THAT’S IT. Mehr nicht.

Als Programmierer überlege ich mir, wie lange hätte ich dafür gebraucht so etwas auf die Beine zu stellen. Alleine sicher nicht mehr als 3 Monate. Und dafür 1 Milliarde? Come on…

Instagram hat nach eigenen Angaben 30 Millionen Nutzer und hostet über 1 Milliarde Bilder, demnach bezahlt Facebook für jeden User 33 Dollar, oder für jedes Bild 1 Dollar. Wenn man sich dann noch überlegt, dass die meisten Instagram Nutzer sowieo schon Facebook Nutzer sind und die Bilder bereits bei über Instagram bei Facebook gepostet werden – was gewinnt hier Facebook?

Ist es um Konkurrenz auszuschalten? Ich sehe Instagram überhaupt nicht als Konkurrenz für Facebook. Hier geht’s schliesslich ausschliesslich um Fotos, die sowieso schon (unter anderem) bei Facebook gepostet werden.

Und überhaupt, womit verdient Instagram überhaupt Geld? Überraschung: es verdient gar kein Geld – noch nicht zumindest. Werbung wollen sie wohl machen. Irgendwie.

Also: Warum kauft Facebook – entschuldigung – schleudert Facebook mit Geld nur so um sich? Ich finde keine wirkliche Erklärung. Gar keine. Bin dankbar über jede Idee.

Für mich sieht dies nach einer neuen Internetblase aus. Die Web Blase 2.0 quasi. Viele Firmen werden scheinbar gnadenlos überbewertet. Auch der geschätzte „Marktwert“ von z.B. Twitter geht ja auch auf keine Kuhhaut. Womit wollen die das ganze Geld wieder rein holen? Mit Werbung? Erinnert sehr an die vielen Bierdeckel-Business-Cases um 1998-2002, wo auch alles mit klick-Werbung bezahlt werden sollte.

Nun, dann wünsche ich viel Erfolg, und gratuliere Kevin Systrom und Mike Krieger zum neuen Multi-Millionärsdasein. Ich weiss nur, dass bei übermässiger Werbung oder User-Abzocke die Nutzer ganz schnell von Instagram auf etwas anderes wechseln werden. Because there’s an App for that.